Eine Trilogie von Carolin Sprick

Über den Austausch mit der jungen Drehbuchautorin Carolin Sprick aus Herford bin ich auf ihre Bücher gestoßen. Ihre Romantrilogie greift Themen auf, die eng miteinander verbunden sind: aktuelle Ernährungstrends, die Sehnsucht nach Leichtigkeit im Leben und der Wunsch nach Selbstoptimierung. Ihre Bücher ‚Die Euphorie der Schwerelosigkeit‘, ‚Perfect Project Pusteblume‘ und ‚Herzkoralle‘ die sie als Books on Demand in Auftrag gegeben hat, sind einfühlsam und lebensnah geschrieben.

Vermeintlich beste Freundinnen

Im ersten Teil der Trilogie trifft Protagonistin Juli ihren Jugendschwarm Ted, während der Semesterferien auf der französischen Insel Île d’Oléron. Hier wird sie von den Spätfolgen ihrer Magersucht überwältigt. Im Strudel der Vergangenheit ermittelt Juli das paradoxe Phänomen Anorexie und droht, zurück in die tückischen Fänge ihrer längst vergangen geglaubten Freundin Anorexia Nervosa zu gelangen.

Über dieses Thema wurde in den vergangenen Jahren viel geschrieben und es gibt zahlreiche Filme dazu: ‚Vincent will Meer‘ oder ‚Die dünnen Mädchen‘ thematisieren dieses Mysterium auf brillante Art und Weise. Warum also sollte die Welt ein weiteres Werk zu diesem Thema lesen wollen? Das sagt Carolin dazu:

Wütenden Stimmen Raum geben

„Das Thema Nahrung wird in der Gesellschaft in den letzten Jahren zunehmend kontrovers diskutiert. Ich hatte den Eindruck, dass eine Art Etikettierung stattfand: Bist du vegan, Paleo oder Frutarier? Keto oder doch nur Low Carb? Das fand ich interessant. Wenn Magersucht darüber hinaus die pure Restriktion bedeutet und, weil man sich vom Leben abwendet, stellte sich die Frage: Wie nähre ich eigentlich meinen Körper, meinen Geist, meine Seele? Was bedeutet Nahrung für mich? Damit meine ich ja nicht nur kulinarische Köstlichkeiten.

Als Drehbuchautorin liebe ich die dialogische Form. Und so beschäftigte ich mich mit der Frage, was im Kopf einer magersüchtigen Person vor sich geht. Welche Stimmen wüten in ihr und kann man sich diesem ernsten Thema auf komödiantische Art und Weise widmen? Tragik und Komik liegen schließlich nah beieinander und eine altbekannte Regel der Komödie besagt, dass man erst das Publikum weichklopfen müsse, um dann die Nägel reinhauen zu können.“

Das Engelchen- und Teufelchen-Schema

Als Schauplatz wähle Carolin Île d’Oléron, wie sie sagt, aus teilweise aus egoistischen Gründen: „Im Corona-Sommer 2020 schrieb ich dieses Buch und träumte mich auf meine französische Lieblingsinsel, weil ich nicht reisen konnte. Außerdem sollte ich diese Insel immer mal der Schauplatz meiner Geschichten sein. Der andere Grund war die Idylle, die über die trügerische Abgründigkeit der Magersucht hinwegtäuschen sollte. Nach dem Motto: Draußen scheint die Sonne, aber in Julis Innenleben ist es streckenweise ganz schön düster.

Also taufte ich meine Protagonistin ‚Juli‘ und setzte sie auf die französische Halbinsel. Die inneren Stimmen fanden ihre Rollen im Engelchen- und Teufelchen-Schema und wurden von der Hass-Freundin ‚Anorexia‘ ergänzt. Obwohl jede Krankheitsgeschichte individuell verläuft, stellte ich nach meinen ersten Recherchen eine große Schnittmenge fest.“

Die Sehnsucht nach Leichtigkeit

Um über das Thema schreiben zu können, war neben einem hohen Einfühlungsvermögen eine umfangreiche Recherche erforderlich. Und so stellt auch sie sich nach der ersten positiven Resonanz ihrer Leser*innen die Frage: „Wie geht’s weiter? Wann kommt der zweite Teil?“ Ein zweiter Teil war ursprünglich nicht geplant, waberte dennoch in ihr. „Ich stellte schnell fest, dass das Thema Magersucht viele universelle Themen bedient und sich Menschen mit der Geschichte identifizieren konnten, die mit dem Thema bisher überhaupt nicht in Berührung gekommen waren. So behandelt der zweite Teil ‚Perfect Project Pusteblume‘ die in unserer Gesellschaft allgegenwärtigen Themen wie Selbstoptimierung und ein erwünschtes Gefühl der Leichtigkeit im Leben.

Zuhause in Körper, Geist und Seele

Im dritten Teil ‚Herzkoralle‘ geht Carolin Sprich auf die letzten, entscheidenden Fragen in Julis Geschichte ein: Julis Reise brauchte eine Ankunft. So geht es nun um folgende große Fragen: „Wie kann sich ein Mensch nach jahrelanger Krankheit in seinem Körper zu Hause fühlen? Was bedeutet das überhaupt, zu Hause?“ Und erneut ist die Autorin diejenige, die ihren Protagonistinnen das Wort erteilt, in ihrer Funktion als Medium: „Ich bin diejenige, die nur tippt und die Geschichte niederschreibt.

Die Figuren sprechen plötzlich ‚von alleine‘ und ich muss mich nicht mehr fragen, was als nächstes passieren wird.

So konnte ich alle im Buch auftretenden Themen einfach miteinander verknüpfen: Die Anorexie als Freundin in der Einsamkeit, Liebe und Selbstliebe und individuelle, familiäre Hintergründe, die zur Krankheit geführt haben können und oft auch durch übertragene Traumata der vorherigen Generationen entstehen.

Balance zwischen den Extremen

Die Isolation, die die Krankheit mit sich bringt versus Teilhaben am gesellschaftlichen Leben fand ich ebenso wichtig. Der schmale Grad zwischen Euphorie und Depression, der Rückzug in seine eigene Phantasiewelt, die vielleicht die einzige zu sein scheint, in der man überleben kann, weil die Welt da draußen für einen selbst nicht funktioniert und auch der Wunsch, die Kontrolle über das eigene Leben zurückgewinnen wollen – diese innere Welt habe ich versucht, durch eine Geschichte darstellen zu wollen. Darüber hinaus werden am Rand Themen angeschnitten wie Mobbing, Genuss und Konsumverhalten versus Bescheidenheit und Restriktion und die die Balance zwischen den Extremen Hungern und Völle.“

Wer weiterlesen möchte, schreibt mir gern direkt. Ich leite die Anfragen an die Autorin weiter. Kontakt

 

 

Fotos: Carolin Sprick; adam121 / Adobe Stock 

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