„Statt ‚aller Anfang ist schwer‘ sollte man ‚aller Anfang ist leicht‘ sagen. Das macht viel mehr Mut.“
So steht es im neuen Wortfinder-Kalender, gleich am Anfang. Mit Mut machen kennt sich Sabine Feldwieser aus. Die Gründerin des Vereins ‚Die Wortfinder‘ in Bielefeld hat ein neues, literarisches Kunstwerk zum Aufhängen, Lesen, Nachdenken und Mitfühlen initiiert und realisiert: einen Wochenkalender mit Wortschätzen von Menschen, die sonst kaum oder gar nicht zu Wort kommen.
Alle Autor:innen sind Preisträger:innen des Literaturwettbewerbs für Menschen mit geistigen und kognitiven Einschränkungen, den die Wortfinderin seit 2011 organisiert. Mehr als 800 Autor:innen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz hatten sich in diesem Jahr mit insgesamt 1.350 Beiträgen beteiligt. Eine unabhängige Jury wählte wie immer die Texte für einen neuen, überraschungsreichen Wortfinder-Kalender aus.
Philosophie ist ein offenes Ich
‚Neues fliegt in der Luft‘ – so lautet der wieder einmal gelungene Titel für die außergewöhnliche Sammlung an Gedanken und Gefühlen, die im Rahmen des Wettbewerbs unter der Überschrift „Anfang & Ende – Alt & Neu – Stillstand & Veränderung“ geschrieben wurden.
„Am Anfang geht’s los und geht bis zum Ende. Der Start war famos, doch wie wird das Ende?“ Auch dieses Zitat lädt dazu ein, sich ein ganzes Jahr lang literarisch begleiten zu lassen: von Barfußtänzern und Gartenzwergen, von Reflexionen über Neuanfänge und Abschiede, über das Loslassen und Hoffnung schöpfen, Jungbleiben und Altwerden. Wer sich das Jungbrunnenwasser für 30.000 Euro das Glas nicht leisten kann, versucht vielleicht mittels Ziehharmonikaspielen jung zu bleiben. So lautet eine von vielen famosen Idee! Und so bleibt es: Kalenderblatt für Kalenderblatt, am Ende mit der Erkenntnis: Philosophie ist ein offenes Ich. Nichts endet im Leben. Alles ist im Fluss. Hauptsache das Gehirn ist gerade.
Alt werdenAlt werden ist nicht lustig, |
Die Wortfinder-Idee: gemeinnützig, literarisch, inklusiv
Der gemeinnützige Verein ‚Die Wortfinder e. V.‘ wurde Ende 2010 in Bielefeld unter Federführung der Diplompsychologin und Kunstassistentin Sabine Feldwieser gegründet. Der Zweck des Vereins ist es, das Kreative Schreiben und die Literatur sowie die damit in Zusammenhang stehenden künstlerischen Gestaltungen von Menschen mit geistigen oder psychischen Beeinträchtigungen zu fördern: Menschen mit geistiger Behinderung, autistischen Störungen oder Demenz, in besonderen Lebenslagen (im Hospiz, Jugendliche in Heimen oder obdachlose Menschen). Das Ziel ist die gleichberechtigte Teilhabe aller am kulturellen Leben und die Entfaltung von Bildung und Kultur im Sinne der Chancengleichheit und des Gemeinwohls.
Der Schwerpunkt der Vereinsaktivitäten liegt bei Menschen mit einer sogenannten geistigen Behinderung oder Lernbeeinträchtigung. An diesen Personenkreis richtete sich auch der jährliche Literaturwettbewerb, an dem sich seit 2023 auch Menschen mit einer demenziellen Erkrankung teilnehmen können. Alle Autor:innen werden im Anhang des grafisch schön gestalteten Kalenders im DIN A 4 Hochformat vorstellt. Er erscheint Mitte September und kann bereits jetzt vorbestellt werden (Preis: 18,- Euro, zzgl. Versandkosten). Alle Infos dazu gibt es auf der Wortfinder-Website.
Literarische Appetithäppchen:Etwas Neues fliegt in der LuftSchmetterlinge fliegen in der Luft, Vögel und etwas Mein VerwandlungstraumIch träume, dass ich mich in einen Tänzer im Regen verwandle. Über das EndeIch neige dazu, immer irgendwas zu denken. Kein Helfer ist mir ebenbürtig. Philosophie ist ein offenes Ich, ich Benjamin. Nichts endet im Leben. Alles ist im Fluss. Nur Seelen sind flüssig und Körper enden. So irgendwie ist das Ende der Neuanfang. Denken ist anstrengend, aber es ist wichtig, um die Welt zu verstehen, für mich ist das so. Anfang und EndeAm Anfang war das Wort |
*Das Einstiegszitat stammt von Stephan Larro
Headerfoto: Patrick Pollmeier