Das Portrait einer Poetin:

Den Himmel erhellen, die Seele trösten, Träumerinnen stärken und vor allem: Poetinnen ermutigen! Das und mehr können die Gedichte von Anja Bartram. Ihre Lyrik erinnert an ein Kaleidoskop. Blaue Wortwunder und Gefühlsbilder finden und verbinden sich immer wieder neu. Sie entstehen absichtslos. Wir sind uns einig: So geht Lebenspoesie.
Ein blauer Faden ziehe sich durch ihr Leben. „Blau und ich sind nicht zu trennen.“ Die Farbe sei buchstäblich in ihr angelegt, sagt die Frau, die mir gegenübersitzt: mit freundlichen blauen Augen, einem Pulli in ihrer Lieblingsfarbe und blauglitzernden Ohrringen.

Am Anfang eine blaue Tapete

„Meine erste bewusste Entscheidung für Blau war eine IKEA-Tapete in meinem Jugendzimmer, mit kleinen, weißen Vögeln darauf“, erinnert sich Anja. „Ich wollte mein Leben schöner machen, dem Braun um mich herum, das unter anderem typisch für den Einrichtungsstil in den 80ern war, etwas entgegensetzen. Das Blau ist einfach zu mir gekommen. Später in Form von blauem Lidschatten, um meine Augen zu betonen, und so ging es weiter. „Ihre blaue Welle, vor allem aber ihre Leidenschaft für Lyrik irritierten ihre Eltern und Familie. „Meine Umgebung war keineswegs fantasieförderlich, sondern skeptisch und fragten sich: Was ist denn mit der los?“

Von da an gab es kein Halten mehr!

Anja ist elfeinhalb, als sie beginnt, in ihr Tagebuch mit hellblauem Einband zu schreiben. „In eine dieser damals beliebten Kladden von Nanu Nana“, sagt sie lachend und zeigt mir ihren Schatz, den sie sorgsam bewahrt, wie alles, was sie jemals geschrieben oder notiert hat.

Anja Bartram
Anja Bartram

Ihre ersten Eintragungen sind Abschriften von Gedichten oder Zitaten. Sie schreibt alles, was sie berührt, und schließlich formuliert sie auch ihre eigenen Gedanken und Gefühle, fast immer in lyrischer Form. Das Schreiben eröffnet ihr die Tür in einen geschützten Raum, in dem sie sich frei entfalten und selbst ‚lesen‘ kann. Dass es ihr gelingt, sich kreativ und poetisch auszudrücken, ist für sie ein Geschenk. Eine Gabe, die sie dankbar annimmt und die langsam, aber sicher ihr Selbstbewusstsein stärkt. „Ich hatte das nicht bestellt, aber mir war ziemlich schnell klar: Ich kann ‚gut‘ schreiben. Das ist mein Talent“, sagt die humorvolle Bielefelderin, die 1968 in Verl geboren und in Schloss Holte aufgewachsen ist. Heute lebt sie mit ihrem Mann Helmut in Stieghorst, ihr Sohn Elias ist längst erwachsen.

„Schreiben ist ein von innen nach außen wenden.“ Anja Bartram

Zeit zum Schreiben nimmt sich Anja Bartram so oft wie möglich, trotz Vollzeitjob im Jugendamt. Sie schreibt (fast) ausschließlich Lyrik, stets intuitiv und ohne Vorgaben. Sie greift lediglich innere und äußere Impulse auf. „Was dann aus mir herauskommt, landet auf dem Papier. Die Botschaft zeigt sich beim Schreiben.“
Sie brauche keinen literarischen Diskurs über ihre Texte. „Das Zerreden ist nicht meins“, sagt sie. Die schulische Herangehensweise habe sie als Kind vom Schreiben entfernt. Umso dankbarer sei sie heute, ihren eigenen Schreibweg gefunden und gegangen zu sein.

Freiheit durch Poesie

„Meine Eltern waren keine Literaten; sie haben mich nicht mit meinem Talent gefördert. Im Gegenteil, Fantasie war gefährlich!“ Für Anja ist es ein Rettungsanker, die Chance, sich abzugrenzen. Als sie ein Buch mit Gedichten im Wohnzimmerschrank findet, kommt dieser Schatz wie aus blauem Himmel. Ihre Leidenschaft für Lyrik ist geweckt, die Forschungsreise beginnt.

Erste bedeutende Entdeckungen sind der Gedichtband ‚Die blaue Blume – Gedichte der Romantik‘ und die Sammlung lyrischer Texte ‚Blau die himmlische Farbe‘, herausgegeben von Gisela Linder. Nach und nach erschließt sich ihr die Bedeutung der Farbe Blau in der Welt der Literatur und Kunst als Symbol des Unsichtbaren. „Dieser blaue Horizont war mir vertraut“, sagt die Poetin, die sich selbst als von Natur aus als bodenständig beschreibt – im Hier und Jetzt verankert.

„Das Glück liegt bei dem, der schreibt!“ H. Hesse

Prägend für ihre künstlerische Entwicklung sind in ihrer Jugend zudem die Bücher und Jugendbriefe von Hermann Hesse. „Ich war völlig fasziniert, als ich zum ersten Mal seine Erzählung ‚Kinderseele‘ gelesen habe. Da war endlich jemand, der anders fühlte. Für den Poesie ein Weg in die Freiheit war.“

Anja ist absoluter Hesse Fan. Im Jahr 1994 nimmt sie allen Mut zusammen und schickt dem Herausgeber der Hesse-Bücher im Surkamp Verlag einige ihrer von Hand geschriebenen Gedichte. Zu ihrer großen Überraschung antwortet er ihr. Man werde ihre Lyrik nicht verlegen. „Aber Ihre Gedichte gefallen mir“, schreibt Volker Michels höchstpersönlich. Das Feedback des Experten ermutigt sie. „Sein Schreiben war für mich eine Urkunde fürs Leben.“

Einblicke in ein lyrisches Leben

Heute sei sie unabhängig von Urteilen anderer. Anja zitiert Hermann Hesse: „Das Glück liegt bei dem, der schreibt.“ Solche Glücksmomente erlebe sie in ihrem kleinen, blauen Schreibzimmer, ganz im Sinne von Virginia Woolf. Sie wolle mit dem Schreiben kein Geld verdienen, freue sich jedoch über den Schritt, ihr Buch im Selbstverlag zu veröffentlichen und sich damit zu zeigen: mit ausgewählten Poesien aus einem blauen Leben, in das sie schreibend hineingewachsen ist. Ein Gedicht daraus, inspiriert von Hermann Hesse.

Hesse

Die abseilende Ernsthaftigkeit
des Denkens
begleitet,
trägt

Die unbestechliche Direktheit
des Wortes
bestätigt,
lässt baumeln

Das singend machende Verständnis
Der Zweifel
bestärkt,
betont,
lässt uns steigen zum Horizont,
zum eigenen Sprechen.
© Anja Bartram 

Ein weiteres Gedicht von Anja Bartram liest du hier: Dieser magische Moment

Wer das Buch kaufen möchte, schreibt gern an: info@schreib-visionen.de

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