Am Ende wird alles gut
Und wenn es nicht gut wird, ist es noch nicht das Ende. Dieses Zitat von Oscar Wilde ist das neue Motto für mein ‚Morgenseitenschreiben‘, dem ich mich ab heute noch einmal intensiv widme. Der Plan: Ich schreibe 30 Tage lang, jeden Morgen 3 Seiten und mit der Hand. DIN A 5 Seiten übrigens. Ich meine es gut mit mir und zwinge mich nicht, DIN A 4 Blätter zu füllen.
Heute schreibe ich auf unserer Terrasse im wunderschönen Westen von Bielefeld, in eine erfrischend grüne Kladde. Ich bin hochmotiviert. Es ist immer wieder eine Herausforderung, mindestens 30 Tage lang am Stück zu schreiben, um daraus eine Gewohnheit zu machen. Im Idealfall direkt nach dem Aufstehen, denn dann hinkt unser Verstand noch ein wenig hinterher und wir schreiben intuitiver.
„Damit wir unsere Kreativität fördern können, müssen wir sie zunächst einmal finden.“
Julia Cameron, Bestsellerautorin und Kreativtrainerin, die als Erfinderin der Morgenseiten gilt, betont das in ihrem 12-wöchigen Kurs, den sie in ihrem Buch ‚Der Weg des Künstlers‘ beschreibt. Ihr ‚Spiritueller Pfad zur Aktivierung unserer Kreativität‘ erschien bereits 1992. In diesem 12-Wochen-Programm geht es darum, Ängste, Schuldgefühle oder unser eigenes negatives Image beiseite zu schieben, um unsere Kreativität frei fließen zu lassen. Die Morgenseiten sind ein wesentlicher Bestandteil. Ich empfehle in meinen Workshops mit einem 30-Tage-Programm zu beginnen, um die Latte nicht gleich so hoch zu hängen. Denn sonst fangen wir vielleicht gar nicht erst an.
Es gibt kein richtig oder falsch!
Dieser Gedanke entspannt. Erneut nehme ich Julia Cameron beim Wort und mache mich auf den, wie sie es nennt, verbalen morgendlichen Spaziergang, bei dem es kein richtig oder falsch gibt. So, wie es meiner Idee von Kreativem Schreiben entspricht.
Was wir auf den Morgenseiten zu Papier bringen, verstehe ich nicht im klassischen Sinne als Text und schon gar nicht als Kunst, sondern als Technik. Wir haben die Chance, uns jeden Tag einen neuen Freiraum zu schaffen, der nur uns gehört. Den wir auch mit schmerzlichen und intimen Gedanken, Erinnerungen und Gefühlen füllen dürfen. Weil ihn niemand außer uns jemals betreten wird. Außer, wie laden sie oder ihn dazu ein.
„Die Morgenseiten verlangen von Ihnen lediglich, Ihre Hand über die Seiten zu bewegen und niederzuschreiben, was immer Ihnen in den Sinn kommt. Nichts ist zu unbedeutend, zu albern, zu dumm oder zu skurril, um aufgeschrieben zu werden.“ (Julia Cameron)
Für mich als professionelle Autorin ist dieser Gedanke sehr befreiend, für viele andere Menschen ebenfalls. Das ist nicht nur die Erfahrung der Autorin, auch die Teilnehmer/innen meiner Workshops oder Individual-Coachings bestätigen es. Wir alle stehen permanent unter Leistungsdruck, wir wollen schaffen und produzieren. Die Morgenseiten erfüllen ihren Zweck auf eine andere Weise. Wir schreiben nur für uns, drei Seiten und am nächsten Tag weitere drei. Und lassen die geschriebenen Worte wirken.