Schreiben als Weg der Heilung 

Die Philosophie des Wiener Psychotherapeuten Viktor E. Frankl war entscheidend für die Entwicklung der Autorin Maria Bianca Bischoff. Nach einer Darmkrebs-Diagnose hatte die Schweizerin begonnen, ein Tagebuch zu schreiben. Daraus ist ein wunderbares Buch entstanden. Diesen Prozess konnte ich begleiten. Und ich war immer wieder berührt davon, wie hoffnungsvoll sie ihren Weg gegangen ist und wie sie ihn weitergeht. Ihr Wort dafür heißt ‚fehlerfroh‘.

Maria Bianca Bischoff ist 54 als sie die Diagnose Darmkrebs bekommt. Sie schreibt Tagebuch, von diesem Moment bis zur vollständigen Heilung. Ihr Buch ermutigt durch die Wahrhaftigkeit der Autorin. Ihre Worte gehen tief und machen deutlich: Zum Wachstum des Menschen gehört immer auch Schmerz. Wie wir allerdings damit umgehen, wie selbst bestimmt wir in Lebenssituationen bleiben, die uns zu überrollen drohen, haben wir selbst in der Hand, sagt und schreibt sie.

Die Chance zum Aufbruch   

„In all meinen Tagen nach 2001 (Burnout, Hüft-OP, Brust-OP, Darmkrebs, Chemo, Verkauf unseres Hauses und Geschäfts, Aufbruch in die Welt) hatte ich immer mein kleines rotes Buch bei mir. Intuitiv spürte ich, dass diese Zeit entscheidende Fragen an mich stellt, die ich nie mehr vergessen sollte. Deshalb wollte ich schreiben. So konnte ich wichtige Prozesse in meinem Lebensweg verinnerlichen.“

Der Therapieansatz und die Haltung Viktor E. Frankls im Sinne der Logotherapie ziehen sich wie ein roter Faden durch das Buch: Im Leben und in ihrer ‚Geschichte‘ führen sie zu dem Schluss und einer Vereinbarung mit sich selbst: Ich werde noch lange blühen! I

Inzwischen arbeitet Maria Bianca selbst als diplomierte Logotherapeutin und Existenzanalytikerin in der Schweiz. Darüber hinaus teilt sie ihre Erfahrungen und ihr Wissen in Vorträgen. Sie erzählt Leser:innen und Zuhörer:innen von der Chance zum Aufbruch, die sie in der Zeit ihrer Krebserkrankung erkannte. Wie sie sich von den Zwängen der Fremdbestimmung erlöste und ihren Weg zur Selbst-Erfüllung fand. Darüber berichtet sie auch hier:

Woher kommt der Bezug zu Viktor E. Frankl?

Maria Bianca Bischoff: Die Suche nach lebensfreundlichen Antworten führte mich zur Lehre von Viktor E. Frankl. Noch vor Ausbruch des Darmkrebs hatte ich das Studium dieser Lehre begonnen. Heute weiß ich aus eigenem Erleben: Das Leben stellt die Fragen. Wenn wir aufhören, nach dem Warum zu fragen und uns vom Wozu leiten lassen, öffnen sich die Tore zum ‚Gesundwerden‘ und zum erfüllten Leben.

In tiefer Dankbarkeit habe ich das ‚Gehaltensein im großen Ganzen‘ erlebt. Heute bin ich mit dem Bewusstsein erfüllt, dass es eine höhere Dimension gib, die uns abverlangt, vorwärts zu leben. Und dass wir den Sinn dahinter vielleicht erst im Nachhinein verstehen. Deshalb lautet der Untertitel meines Buchs: ‚Fehlerfroh ans Werk trotz Krebs‘.

Wozu hast Du Dein Buch geschrieben?

Um den Menschen Mut zu machen, die sich unvermittelt in der Krise wiederfinden. Ich verstehe mein Buch als Werkzeug, um Zuversicht zu gewinnen und den Willen zur Selbstbestimmung zu stärken. Als Autorin greife ich im Laufe der Geschichte immer wieder einen Gedanken auf, spinne ihn weiter, lasse ihn fallen und nehme ihn später wieder auf. Es ist ein Entwicklungsprozess. Schon beim Blättern werden die Widerstände erlebbar, mit denen die Protagonistin ringt und an denen sie immer wieder zu scheitern droht. Dennoch gibt sie nicht auf, bleibt hartnäckig und biegsam. Und geht zugleich den Weg zur eigenen Reifung.

Fehlerfroh aufblühen!

Dieses Fazit des Buches hat auch mich beflügelt. Aufblühen ist mein Lieblingswort. Maria Bianca und ich sind uns einig: Wir müssen nicht erst vollkommen werden; wir sind es in jedem Augenblick unseres Lebens. Fehler zu machen, gehört allerdings dazu – zu einem kreativen Leben, das keineswegs perfekt sein muss. Wir dürfen scheitern!

Auch Maria Bianca hat rein gar nichts gegen Erfolg. In ihrem Buch ermutigt sie allerdings, uns mit diesem Begriff und unserer Vorstellung davon auseinanderzusetzen. Und das vermeintliche Scheitern aus einer anderen Perspektive zu betrachten. Wenn wir es mit der Vorstellung verknüpfen, ‚fehlerhaft‘ zu sein, führt das zu Selbstwerteinbrüchen, Frust und Entmutigung, sagt die Autorin: „Durch meine schwere Erkrankung blieb mir nichts anderes, übrig als der Ausstieg aus diesem Programm.“

„Ich musste und durfte lernen, meinen Weg lockerer und flexibler zu gehen.“

Sie lernte hinzuhören und zu erkennen, dass jedes Fehler-Erlebnis eine wichtige Botschaft in sich birgt. Und so ging es schließlich nicht mehr um die Frage: Krebs, warum gerade ich? Maria Bianca nutzte den Krebs als Antrieb und Chance, fehlerfroh in den Alltag zurück zu kehren.

„Bloß keine Ratschläge“, sagte sich Maria Bianca während des Schreibens selbst und hält sich daran. Sie will weder belehren noch besser wissen, sondern teilhaben lassen. Die Reflexion ihrer Erfahrungen soll anderen helfen, eigene Krisen zu bewältigen. Als diplomierte Logotherapeutin und Existenzanalytikerin greift sie immer wieder die Gedanken des Wiener Existenzphilosophen und Psychotherapeuten Viktor E. Frankl auf, die auch mit seit unserer Begegnung tief beeindruckt und verändert haben. Ihr lese am besten selbst und schnuppert hier schon mal rein: Leseprobe

Weitere Informationen zur Autorin.

Fotos: Leon Rejschek; Maria Bianca Bischoff 

 

2 Replies to “Worte, die uns aufblühen lassen”

  1. Liebe Gabriele

    Ich bewundere Dich sehr, wie Du so feinfühlig die Schreibkunst beherrscht und diese einsetzt und ich bin total begeistert über Deinen neuen Blog-Beitrag;

    Mit Deiner Erlaubnis kommt er auf meine Website zu den „News“, eine Verlinkung meinerseits auf Deine Seite ist in Auftrag oder schon gemacht?

    Ja es ist tatsächlich schon so vieles geschehen, Türen öffnen sich und wie im Nebel zeichnen sich feine neue Wege ab, die stetig an Form zunehmen. An den drei Internationalen Logotherapie-Kongressen, die diesen Frühling (März, April, Mai) im deutschsprachigen Raum stattgefunden haben, durfte ich mein Buch präsentieren. Im Herbst, darf ich erste Referate halten in fremden Veranstaltungen, unter anderem in Deutschland im September.

    Mut und Zuversicht für Menschen in der Kriese, das ist Aufgabe des Buches und Ziel all meiner Ausführungen und sich „ge-trauen“ als Mensch in seiner Einmaligkeit und Einzigartigkeit entscheidend zu wirken, wenn es darum geht sich für ein „Gut“ in dieser Welt einzusetzen.

    „Die wesentlichen Dinge im Leben werden uns geschenkt“. Liebe Gabriele Dein Blog ist für mich ein grosses grosses Geschenk. Was oben beschrieben ist wird erst durch Deine vortreffliche Art und Weise wie Du schreibst weiteren Kreisen zugänglich gemacht und kann Lebendigkeit erlangen……ein riesiges herzliches Dankeschön.

    In herzlicher Verbundenheit
    Maria Bianca Bischoff

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