Ein Buch von Daniel Zindel

Paulus geriet beim Sprechen wie meistens in ein Feuer. Und dann erzählte er, dass er sich damals nur wegen seiner Liebe zu den Gemeinden nicht aus dem Kampf des Lebens in die Fülle der Ewigkeit habe davonschleichen wollen. Das erfahren wir in dem Vorwort zu dem Buch ‚Gestillt – Nachtgespräche mit David‘ von Daniel Zindel. Davonschleichen oder alles geben? Für etwas brennen oder sich komplett verausgaben? Was ist der Königsweg?

Das will Protagonist Reinhold von König David wissen und schreibt ihm. Was Paulus damit zu tun hat und warum der nächtliche Dialog dem ausgebrannten Marketingplaner wieder zur Besinnung hilft, lest ihr hier:

Wer stillt uns jetzt? Briefwechsel mit David

„Ich kann nicht schlafen. Wie so oft. Ich durfte heute im Verwaltungsrat unsere neue Marketingstrategie vorstellen. Habe mit meinem Team pausenlos drei Wochen lang darauf hingearbeitet. Nach längerer Diskussion hat der Rat die Pläne zur nochmaligen Überarbeitung an mich zurückgegeben. Die Zielgruppe für unser Produkt müsse noch deutlicher herausgearbeitet werden, die Visualisierung sei in Ordnung, aber wir müssten noch griffiger texten. Jetzt bin ich müde, ausgelaugt, frustriert. Als ich nach Hause kam, habe ich mich über die Unordnung bei der Eingangstüre furchtbar aufgeregt. Ich musste wie ein Hürdenläufer im Olympiastadion über Schulsachen, ein Rollbrett und den Einkaufskorb meiner Frau springen. Meine Frau sagte, ich sei überreizt. Aus heiterem Himmel brach ein Gewitter los und ich fragte sie, wer da wohl überreizt sei.“ Das schreibt Marketingplaner Reinhold in einem – rein fiktiven – Brief an König David.

Und es klingt definitiv nicht nach besinnlichem Advent, sondern nach einer sich anbahnenden Ehekrise, die gerade niemand gebrauchen kann … angesichts eines weiteren, strengeren Lockdowns. Aber wer schafft es schon, in dieser ‚besinnungslosen‘ Zeit, entspannt zu bleiben, buchstäblich besonnen? Es ist allerdings tröstlich, wenn uns dann jemand eine neue Perspektive eröffnet, um mit dem ganz alltäglichen Wahnsinn umzugehen.

David Neufeld tut es als Verleger von Büchern, die sich genau mit solchen Themen beschäftigen und mit Lebensfragen wie diesen: Wie schaffst du es, trotz alledem ‚still‘ zu bleiben – deine Seele zu stillen? Oder: Was genau ist mit dem Ausdruck Seele gemeint?

‚Gestillt‘ – ein Lesetipp und Perspektivenwechsel

David Neufelds Lesetipp zum Thema ‚Stille‘ ist das Buch von Daniel Zindel. In der Geschichte des Marketingplaners Reinhold geht es um ein nach wie vor hochaktuelles, gesellschaftliches Phänomen. Viele nennen es ‚Burnout‘. Und wir alle wissen längst, dass es sich hier keineswegs um eine ‚Managerkrankheit‘ handelt, die gerne verharmlost wird, weil alle hippen Leute mehr oder weniger darunter leiden.

Viele Menschen leben im Dauerstress, gerade jetzt oder gerade wieder. Zu einem der deutlichsten Symptome gehört, dass wir nicht mehr schlafen können. Und dass wir uns dann dringend Entlastung wünschen, oft von unseren Mitmenschen oder Familienangehörigen, die dann oft selbst schon ‚am Rad drehen‘.

Einfach mal von oben schauen

Woher nehmen wir nun die Kraft, einen anderen Weg zu finden? Das können weder Ehefrauen noch Ehemänner oder ziemlich beste Freund*innen leisten. Wo finden wir Antworten, die uns gerecht werden? In der Therapie, einer Selbsthilfegruppe, einer Auszeit? Reinhold entdeckt in nächtlicher Stunde – der Zeit des unfreiwilligen Wachseins – die Möglichkeit, mit König David in einen Briefkontakt zu treten.

Schreiben ist eine wunderbare Möglichkeit, sich selbst auf die Spur zu kommen, wenn nötig mit therapeutischer Hilfe. Und lesen hilft auch, zumindest als erster Schritt zur Bewusstwerdung. Die Zeit, die wir uns zum Schreiben und Lesen nehmen, ist Zeit, die wir uns selbst schenken.

Reinhold entscheidet sich für einen Briefwechsel mit König David. Er erzählt ihm von seinem Arbeitsalltag, aber auch von seinen eskalierenden Eheproblemen. David seinerseits gibt Reinhold Einblick in sein bewegtes Leben damals auf Erden und öffnet zudem einen Spalt breit die Himmelstüre. Er erzählt von spannenden Stammtischtreffen im Café Paradiso … wo er übrigens auch Paulus um die Erlaubnis bittet, den irdisch-himmlischen Briefwechsel veröffentlichen zu dürfen. König David war der Meinung, es sei einfach nur angemessen, auch ‚alle anderen‘ in diese Entscheidung einzubeziehen. Und so lesen wir im Vorwort weiter:

„Das kommt überhaupt nicht in Frage, dass du deine Briefe, in denen auch wir vorkommen, veröffentlichst“, sagte Paulus eifrig und strich mit seiner Rechten viel sagend über seinen pechschwarzen Bart. „Historisch ist in eurem Briefwechsel nicht alles hieb- und stichfest und darüber hinaus: Die da unten gehen himmlische Einzelheiten noch nichts an.“

Die Nachtgespräche machen Mut

Aber das entscheidet ihr am besten für euch selbst. Die Nachtgespräche kreisen stets um innerste, menschliche Bedürfnisse: Durch sie verändert sich Reinholds Familienleben. Der junge Karrierist lernt von David, dass Macht, Reichtum oder Sex ihn nicht wirklich stillen können. David zeigt Reinhold einen weitaus besseren Weg. Der Dialog macht Mut, die Dinge auch einmal ‚von oben‘ zu betrachten, unterhaltsam und seelsorgerisch – wie könnte es anders sein, wenn ein Theologe zur Feder greift. Lest und schaut selbst. Manchmal hilft ein Wechsel der Blickrichtung, wenn es sich genau so anfühlen soll, wie in dieser Poesie, die David Neufeld dazu verfasst hat.

Still
Es soll einfach mal still sein
Um mich herum
In mir

So wie das Meer vor mir liegt
Ganz still
Und sanft
Die Wellen sind zur Ruhe gekommen

Keine Spur von aufgewühlter See
Tiefer Friede
Auch in mir

Gedicht David Neufeld
Leseprobe: Gestillt – Nachgespräche mit David
Fotos: Baltazar / Adobe STock; Buchtitel Verlag Neufeld

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