Rezension von Ela Windels 

„Wem bis dato die Psychoanalyse fremd und unheimlich ist, der kann seine Unsicherheiten in den Cartoons über die klischeebeladene Behandlungsmethode und ihren Gründungsvater Sigmund Freud herzhaft lachend überwinden“, schreibt Ela Windels, Sozialpsychologin, Therapeutin und Trainerin, in ihrer Rezension über das Buch „Sigmund Freud schläft nie“ von Jiřì Slìva, erschienen im Psychosozial-Verlag.

Heute schon gelacht? 

Das Lachen ist die elementarste Emotions- und Kommunikationsform. Neben Schreien gehört es beim Säugling zu den ersten Lebensäußerungen; er lächelt seine Mutter automatisch an. In seiner Hilflosigkeit hofft er dadurch auf ihre Hinwendung, auf ein freundliches Entgegenkommen. Lächeln ist soziales Schmiermittel, mit dem wir uns gegenseitig der Aufmerksamkeit und Akzeptanz versichern. Beim Klassenclown zum Beispiel kann dies schnell entgleisen und vom Miteinander lachen ins Ausgelacht werden kippen. Der Grat ist schmal. Lachen ist Ausdruck des Innenlebens als Reaktion auf Erheiterndes und manchmal ist es die pure Lust am Unsinn, die uns blödeln und kichern lässt.

Ferien vom ÜBER-ICH

Sigmund Freud beschäftigte sich intensiv mit dem Witz, den er wie die Traumarbeit als psychischen Vorgang bezeichnete. Der Psychoanalytiker Ernst Kris brachte Freuds Ausführungen über Humor auf den Punkt: „Im Lachen nimmt sich der Mensch Ferien vom ÜBER-ICH“. Er macht sich also frei von den Zwängen und Rollenerwartungen, Moral und Regeln der Gesellschaft. Der Körper übernimmt das Regiment durch eine unbeherrschte Eruption. Über Fremdes zu lachen, dient als Abwehrmechanismus gegen Ängste.

Wem bis dato die Psychoanalyse fremd und unheimlich ist, der kann seine Unsicherheiten in den Cartoons über die klischeebeladene Behandlungsmethode und ihren Gründungsvater Sigmund Freud herzhaft lachend überwinden. Der Autor Jiřì Slìva nimmt ihr mit seinen Zeichnungen unterhaltsam das Elfenbeindasein und holt auch den übermächtigen Freud vom Sockel. Auf 60 Seiten macht sich Slìva lustig: Da liegt ein Fakir auf einer mit Spitzen gespickten Couch und ein Suizidaler wird direkt am Ort des Geschehens auf den Gleisen therapiert. Eine mobile Couch zeigt die Omnipräsenz der Psychoanalyse und das inflationäre Zitieren des Unbewussten – Freud ist immer da, wo er gebraucht wird und auch dort, wo nicht. Mal als einfühlsamer Versteher mit überdimensional großem Ohr, mal als Genius mit übergroßem Gehirn. Die Patienten, in der Regel männlich, bewegen sich zwischen kafkaesken Halluzinationen und fixen Ideen.

Glückshormone ausschütten

Eine wunderbare Ergänzung zu den Bildern bildet der psycho- und kulturanalytische Essay von Hans-Jürgen Wirth, in dem er der Bedeutung des Lachens in verschiedenen Disziplinen nachgeht. Wirth beleuchtet z.B. das spöttische Lachen, mit dem wir uns über andere erheben und von ihnen abgrenzen, beispielsweise mit Blondinen- oder Ausländerwitzen. Ein Ausflug in die Philosophie betont den aggressiven Affekt. Die Philosophen betrachten das Hohngelächter als archaischen Ursprung des Lachens. In der Verhaltensforschung wiederum gilt das „Zähne zeigen“ ursprünglich als Drohgebärde, wie bei den Tieren.

Eines wird bei den detaillierten Ausführungen über das Lachen ebenso wie bei der direkten Aufforderung zum Lachen durch die Cartoons jedoch klar: es reinigt und befreit, erhellt die Psyche und schüttet im Körper Glückshormone aus. Kurz: Lachen ist gesund. Schon alleine deshalb lohnt sich dieses Buch!

Text: Ela Windels
Fotos: Meik Schulz, Ela Windels  

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